Ein Sprichwort in der Thai Yoga Massage besagt, dass der erste der von der Behandlung profitiert der Gebende selbst ist. Anderen Menschen etwas Gutes zu tun, ist Grundbedürfnis eines entwickelten Menschen. In meinen Workshops und Ausbildungen erlebe ich es immer wieder, dass manche Teilnehmer genau so viel Freude beim Geben wie beim Empfangen einer Thai Yoga Session erleben.
In das strahlende Gesicht des eigenen Empfängers zu blicken, ist eine bereichernde Erfahrung. Und ich werde noch mehr beschenkt: Thai Yoga ist für mich selbst Yoga‑Praxis und Arbeit mit der eigenen Seele. Wie das funktioniert, möchte ich in diesem Blog-Artikel beschreiben.
Yoga der Berührung
Manche Menschen, die ein sehr enges Verständnis von Yoga haben, sind irritiert darüber, warum ich meine Form der Körperarbeit als Yoga bezeichne. Ich würde sogar so weit gehen, Thai Yoga als eine fortgeschrittene Form von Yoga zu bezeichnen – fortgeschrittener als manch schwierige Asana.
Wenn wir Yoga auf der eigenen Matte üben, geht es um uns selbst. In der Thai Yoga Praxis machen wir es uns zur Aufgabe, einem anderen Menschen durch unsere Berührung zu dienen. Wir geben ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. In diesem Sinne ist Thai Yoga Karma Yoga, das Yoga des egolosen Handelns.
Zum Werkzeug werden
Dieses absichtslose Handeln geht so weit, dass ich die Vorstellung loslasse, einen anderen Menschen zu heilen. Im Grunde genommen, kann ich noch nicht einmal einen anderen Menschen entspannen. Durch meine Berührung schaffe ich lediglich einen Raum, in dem Selbstheilung und tiefes Loslassen stattfinden darf.
Diesen Schritt muss der Klient jedoch selbst gehen. Ich kann es ihm nicht abnehmen. Im Gegenteil: Je mehr ich versuche, etwas beim anderen zu erreichen und zu erzwingen, d.h. meinen Willen statt meine Intuition einsetze, desto mehr wird sich der Körper des Klienten verschließen statt öffnen. Die Qualität meiner Berührung wird nicht sanft und mitfühlend, sondern hart und gefühllos werden.
Den eigenen Schatten ansehen
Im Prozess des absichtslosen Gebens werde auch ich beschenkt. Beschenkt nicht nur durch die Freude und das Wohlbefindens meines Empfängers, sondern auch die Möglichkeit innerlich wachsen zu dürfen. Manchmal werden wir in einer Session mit „schwierigen“ Klienten konfrontiert. Nach einer Behandlung haben wir vielleicht das Gefühl uns kraftlos, müde, erschöpft oder nervös zu fühlen. Entgegen traditioneller Vorstellung handelt es sich nicht um „negative Energie“, die wir vom Klienten aufgeschnappt haben.
Nein, die Berührung meines Klienten hat etwas in mir ausgelöst, was gesehen, gefühlt und geheilt werden will. Alle Menschen, mit denen wir in unserem Leben in Beziehung treten – unsere Thai Yoga Klienten – eingeschlossen, spiegeln etwas von unserem Innenleben wieder. Sie begegnen uns nicht zufällig, sondern sie haben eine Botschaft für uns.
Gefühlen wollen gefühlt werden
Gerade die schwierigen Fälle, die Menschen die unsere Knöpfe drücken (oder „Arschengel“ wie Robert Betz sie bezeichnet) geben uns die Möglichkeit innerlich zu wachsen. Dafür dürfen wir dankbar sein! Wenn wir die unangenehmen Gefühlen ansehen, ihnen gestatten da zu sein, d.h. sie tatsächlich zu fühlen, anstatt sie zu verdrängen, dann dürfen sie auch wieder gehen.
Auch beim Empfänger ist die emotionale und energetische Wirkung einer Thai Yoga Session nie ganz vorhersehbar: Manche fühlen sich wach, klar und energetisiert, andere werden sehr müde, manche sogar traurig oder wütend. Doch welches Gefühl auch immer sich zeigt – es ist das richtige. Häufig sind es nämlich verdrängte Seelenanteile oder Gefühlszustände wie Müdigkeit oder Schwäche, die im hektischen Alltag nicht da sein durften. Diese zu fühlen, bringt dem Klienten Heilung und hat eine nachhaltige positive Wirkung, die über einen bloßen Entspannungseffekt hinausgeht.
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